Das Reich Wu (吳国) – Die Wiege der chinesischen Zivilisation

Das Reich Wu (吳 / 吴) war ein mächtiger Staat vor der Zeit der „Frühlings- und Herbstannalen“ bis in die „Zeit der Streitenden Reiche“ an der Seeküste in der Gegend des unteren Yangtse, nördlich des so genannten Staates Yue. Die Lage von Wu entspricht in etwa der heutigen Provinz Jiangsu.

 

image2Zur Geschichte:
Das Reich Wu (吳国) wurde von Wu Tai Bo (吳太伯) (Geburtsname: Ji Tai Bo – 姬太伯) begründet. Er galt als ein sehr weiser und gerechter Herrscher des „Goldenen Zeitalters“, in der Zeit des „Alten Himmels“ (老天向). Stets vermied er Streitigkeiten oder kriegerische Auseinandersetzungen. Dies war auch einer der Gründe, die ihn bewogen in den Osten zu ziehen, um einer Fehde mit seinem jüngeren Bruder Ji Ji Li (姬季历) aus dem Wege zu gehen. Er gründete dort ein eigenes Reich – das Reich „Wu Guo“ (吳国) und war der Ahnherr der späteren Wu-Familie (吴氏家族).

Wu Tai Bo (吳太伯) war der älteste Sohn von Ji Dan Fu (姬亶父) (postum-Name: Zhou Tai Wang – 周太王) ist einer der Ahnherren der Zhou-Dynastie. Er geht in 12. Generation in direkter Abstammung auf Huang Di (黃帝) zurück, den legendären „Gelben Kaiser“ und ersten Ur-Herrscher Chinas.

Ji Dan Fu (姬亶父) hatte drei Söhne: Ji Tai Bo (姬太伯), Ji Zhong Yong (姬虞仲) und Ji Ji Li (姬季历). Der Sohn von Ji Ji Li (姬季历) war Ji Chang (姬昌). Ji Chang (姬昌) (1.152-1.056 v.Chr.) stürzte 1.122 v.Chr. die Shang-Dynastie (Shang Chao – 商朝). Der Sohn von Ji Chang (姬昌) wiederum war Ji Fa (姬發) (?-1.043 v.Chr.), der dann offiziell die Zhou-Dynastie (Zhou Chao – 周朝) begründete. Der Sohn von Ji Fa (姬發) war Zhou Zhang (周章). Zhou Zhang (周章) galt als sehr gerechter König und hatte eine derart große Achtung und Ehrfurcht vor dem Bruder seinem Ur-Großvaters Wu Tai Bo (吳太伯), daß er kurz nach seiner Machtübernahme das „Reich der Zhou“ in das „Reich Wu“ (吳国) umbenannte – das „Reich des Himmels“. Das damalige Reich Wu (吳国) entspricht in etwa der heutigen Provinz Shanxi.

 

Bedeutung:
Der Name „Wu“ (吳) bedeutete das „Reich des Himmels“. Es setzt sich aus den zwei Worten „Kou“ (口) und „Tian“ (天) zusammen. „Kou“ (口) hat heute zwar nur noch die Bedeutung „Mund“, entsprach aber in alter Zeit ebenfalls den Bedeutungen „Reich“, „Welt“, „Bewußtseinsebene“ und „Dimension“.
„Wu“ (吳) sollte als ein Zeichen für die Menschen gesetzt werden, um in wirklicher Harmonie (合) zu leben und mit dem „Himmel“ eins zu werden. – Es lassen sich deutliche Parallelen in den Beweggründen feststellen zur Gründung des Reiches Israel, von dem das „Alte Testament“ in der Bibel berichtet.

 

Leistungen:
Entsprechend den Familien-Traditionen wurde seit Huang Di (黃帝) das Wissens-Vermächtnis über die weltlichen Hintergründe und die Chinesische Kaiser-Medizin (CKM – 中国宫廷御用药), sowie die Familien-Rezepturen immer an den jeweiligen Nachfolger übertragen.

Jeder Herrscher von Wu (吳) war somit mit dem „Wissen der Allerersten“ (先人的知识), also dem Wissen des „Alten Himmels“ (老天向 – dieser Begriff bezeichnet das alte Wissen bvom Ursprung bis in die Zeitepoche vor ca. 2.300 Jahren, dem Beginn der Qin-Dynastie – 秦朝) vertraut und besaß umfangreiche Kenntnisse der Chinesischen Kaiser-Medizin (中国宫廷御用药) – „Der Medizin des Goldenen Phoenix“ (金凤药).

Die Traditionen blieben so bis heute lebendig, obgleich das weltliche Reich Wu (吳国) durch Intrigen und Korruption lange untergegangen ist.

 

image4Schon im „HAN GAO ZONG-Siegel-Buch“ (汉高宗印书), der Biographie eines der ersten Han-Kaiser, wurden die legendären Wu-Tonika (吳补药), die noch heute unter der Marke JIN FENG (金凤药) produziert werden, bereits vor 2.200 Jahren wie folgt gepriesen:

“Die beste Güteklasse der Medizin muss drei Eigenschaften haben:
Geist, Essenz und höhere Energie.
Diese drei müssen miteinander koexistieren;
Essenz wandelt Energie um;
Energie wandelt Geist um oder Geist wandelt Energie um und Energie wandelt Essenz um.
Der stetige Kreislauf dieser Energie wirkt auf meinen ganzen Körper.“  

(Originaler Quelltext:
《高上玉皇心印妙经》云:上药三品,神与气精,精气神彼此作用互存,或精化气,气化神,或神化气,气化精,不断循环施化流行于吾人之周身。藥酒中所存在的氣也被科學所證實)

 

Bereits zu Zeiten von Kung Fu Zi (孔夫子 – Konfuzius / 551-479 v.Chr.) galten besonders die Tonikas des Wu-Clans als das wichtigste „Geschenk der Götter“, neben der Jade und dem Tee. Ihren Ursprung hatten sie bei Shen Nung (神農) direkt. Besonders in der elitäreren Schicht erfreuten sie sich großer Beliebtheit und um die Einnahme wurde ein regelrechter Kult betrieben, der sich auch in den „Riten der Zhou“ widerspiegelte. So gab es genaue Richtlinien, welcher Adelsrang bestimmte Materialien (Jade, Gold, Silber, Bronze oder Keramik) und Formen der Trinkkelche (Jue – 爵 und Gu – 觚) benutzen durfte, wie Verhaltensregeln festgelegt waren, usw.

image1Der Begründer von Wu, Wu Tai Bo (吳太伯), galt auch in den Augen von Konfuzius (孔夫子), als der einzige Herrscher der alten Zeit, vor dem er selbst den höchsten Respekt hatte. Die Aussagen des Konfuzius (孔夫子) wurden von seinen Schülern im Buch Lun Yu (论语 – Gespräche) festgehalten.

Im 8. Kapitel (Lun Yu·Tai Bo – 论语·泰伯) steht bereits zu Beginn des Kapitel über Wu Tai Bo (吳太伯) geschrieben:
„Tai Bo ist ein WAHRHAFT edler Mensch.
Er hat einen sehr hohen moralischen Charakter.
Drei Male hatte er dem eignen Königsthron entsagt.
Für das gemeine Volk lassen sich keine richtigen Worte finden ihn zu loben.“

(Originaler Quelltext:
泰伯第八《论语·泰伯》“子曰:‘泰伯,其可谓至德也已矣!三以天下让,民无得而称焉。’ –
Quelle: Lun Yu – Gespräche von Konfuzius)

 

Untergang:
Wu (吳国 – heute Provinz Jiangsu) soll 473 v.Chr. untergegangen sein unter Wu Fu Cai (吳夫差, 496-473 v.Chr.), dem Sohn von Wu He Lü (吳阖闾, ?—496 v.Chr.).

Wu He Lü (吳阖闾) gilt es letzter großer Herrscher von Wu (吳国) und war schon zu Lebzeiten weit über die Landesgrenzen hinaus nicht nur berühmt für eine einzigartige Schwertersammlung von über 3.000 Stück, sondern auch für die Schönheit der zahlreichen Nebenfrauen. Dies sorgte in der „Zeit der Streitenden Reiche“ nicht unerheblich für Neid und Mißgunst unter den rivalisierenden Herrscherhäusern, von denen es teilweise sogar über 120 gesplittete Kleinstaaten gab. Nachdem nun Wu He Lü (吳阖闾) starb, wurde das Zepter der Macht (Gui – 圭) an seinen Sohn Wu Fu Cai (吳夫差, 496-473 v.Chr.) übergeben. Doch dieser kümmerte sich in keiner Weise um das Volk oder die Belange des Reiches.

Stattdessen feierte er stetig nur rauschende Feste und war dem Wein und der Lust erlegen. Durch Intrigen und Korruption gelang dem König des Nachbarstaates Yue (越 – heute Provinz Zhejiang) eine List. Er machte Wu Fu Cai (吳夫差) glauben, ihn ehren zu wollen, indem er die berühmteste Schönheit von Yue ihm zum Geschenk machte. Den Legenden von Wu zufolge besaß dieses Mädchen übersinnliche Fähigkeiten und Wu Fu Cai (吳夫差) verfiel ihr völlig. Somit war es bereits nach kurzer Zeit möglich, daß die Tore geöffnet und Wu kampflos übernommen wurde. Völlig ohne Gegenwehr und noch immer in trance-ähnlichem Zustand wurde Wu Fu Cai (吳夫差) in der Öffentlichkeit hingerichtet.

Obgleich das Reich Wu (吳国) durch das Nachbarreich Yue Guo (越国) längst zerstört wurde, gibt es den Wirren der Zeit zum Trotz, noch heute Nachfahren dieser legendären Familie, die das Wissens-Vermächtnis seit dem Untergang von Wu Guo (吳国) seit Jahrtausenden eher im Verborgenen bewahren konnten. Die grundlegenden Rezepturen des Wu-Clans (吴氏家族) wurden im Wesentlichen nie verändert, aber stetig erweitert und die Einhaltung der überaus hohen Qualitätsansprüche überwacht. Diese Wu-Rezepturen (吴氏配方) bilden die eigentliche Essenz der ursprünglichen Chinesischen Medizin und sind damit der älteste Medizin-Schatz überhaupt.

 

Nachfahren:
Aber es gab Überlebende der königlichen Familie. Diese gingen teils an den Hof von Qin (秦國), teils zogen sie in den Süden und teils weiter nach Osten. Erst in jüngster Zeit gilt es in China auch wissenschaftlich als gesichert, daß um 450 v.Chr. direkte Nachkommen dieser königlichen Familie sogar nach Japan kamen. Die noch heute gebräuchlichen Namen „Kureha“ und „Gofuku“ lassen sich auch in der Herleitung der Schriftzeichen auf die Wu-Familie (吴氏家族) zurückführen.
image3„Matsuno“ (夫差) sagte: „Der König der Wu ist auch der Beginn von mir.“ Nach Hunderten von Jahren, in den frühen Jahren der Republik China (1912-1949), war auch der chinesische General Wu Pei Fu (吴佩孚 – 1874-1939) nach einer sehr detaillierten Ahnenforschung äußerst überrascht, dass er und der damalige japanische Kaiser beide die 121. Generation der Wu-Familie (吴氏家族) sind und damit Ur-Enkelkinder von Wu Tai Bo (吴太伯).

Aber nicht nur die japanische Kultur wurde offensichtlich durch Wu (吳) angeregt, sondern auch die vietnamesische. Einer der direkten Nachfahren von Wu Tai Bo (吴太伯) war Wu Quan (吳權 – 897-944 n.Chr.). Er war der Sohn von Wu Min (吳旻). Die vietnamesische Bezeichnung seines Namens lautet: Ngô Quyền. Aus der damals chinesischen Stadt Jiaozhi (交趾) stammend, die im heutigen Vietnam liegt, heiratete er die Tochter des dort mächtigen General und übernahm im Jahre 939 n.Chr. die Krone in der chinesischen Provinz An Nam („Befriedeter Süden“) – der früheren chinesischen Präfektur Jun (郡 – Quận), bzw. Jiao Zhi (交趾 – Giao Chỉ), dem heutigen Việt Nam (越南)

 

Wissenschaftliche Sichtweisen:
Der Sinologe Victor H. Mair nennt diese beiden Staaten in seiner Zhuang Zi-Übersetzung „Ngwa“ und „Viet“ und versuchte irrtümlicherweise darauf aufmerksam zu machen, dass die Bevölkerungen dieser Gegenden – die damals im Süden Chinas lagen – zur Zeit des Zhuang Zhou noch nicht völlig sinisiert waren, also „barbarisch“ waren. (Quelle: Zhuang Zi – Das klassische Buch daoistischer Weisheit, erstmals in vollständiger Übersetzung herausgegeben und kommentiert von Victor H. Mair (Aus dem Amerikanischen von Stephan Schuhmacher); Wolfgang Krüger Verlag; ISBN 3-8105-1259-1).

 

Zwischenzeitlich sind aber besonders durch jüngste archäologische Funde und vermehrte Veröffentlichungen die Sichtweisen der Wissenschaftler in China deutlich anders hierzu:

So ist vielmehr in Wu (吳国) ein wichtiger Bestandteil des Ursprungs der chinesischen Kultur gepflegt worden. Wu gilt als DAS Reich, welches das alte Wissen der Ahnen, zurückgehend auf die „Allerersten“ (Xian – 先), bewahrt hatte.

Allein schon die Textpassagen aus den Werken von Konfuzius (孔夫子) widersprechen deutlich der europäischen „wissenschaftlichen“ Ansicht, wie sie der Sinologe Victor H. Mair vertrat. Dort läst sich nämlich nachlesen, daß Wu Tai Bo (吳太伯) in den Augen von Konfuzius (孔夫子), als der EINZIGE Herrscher der alten Zeit galt, vor dem er selbst den höchsten Respekt hatte. (Quelle: Lun Yu – Gespräche von Konfuzius)

 

Es konnte längst nachgewiesen werden, daß die älteste Familie Chinas die Ji-Familie (姬) ist, die von Huang Di (黃帝), dem ersten Herrscher Chinas, direkt ausging.

Aus Ehrfurcht vor Ji Tai Bo (姬太伯, später Wu Tai Bo – 吳太伯) wurde das Reich Ji Guo (姬国) in Wu Guo (吳国) umbenannt, aus dem in späterer Zeit dann der Name Zhong Guo (中國) – „Reich der Mitte“, wurde. Dies ist noch heute, nach Jahrtausenden der offizielle Name von China.

Gerade durch zahlreiche Studien und Auswertungen verschiedenster Funde, geht man in China sogar seit Ende 2009 davon aus, das Wu (吳国) die Wiege der chinesischen Kultur und Zivilisation nicht nur deutlich mitbestimmt hat, sondern das Vermächtnis der Vorgänger Wu Tai Bo’s (吳太伯) bewahrte.

 

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