TCM – wirklich „traditionell“?

Die Bezeichnung „Traditionelle Chinesische Medizin“ (TCM – Chuan Tong Zhong Yi – 傳統中醫) ist leider ein recht irreführender Begriff, der sich erst unter Mao Ze Dong – 毛澤東 etabliert hat. Es handelt sich hierbei um eine grobe Zusammenfassung von ausgewählten Diagnose- und Therapie-Methoden, die im chinesischen Großraum über viele Generationen hinweg als Familien-Geheimnis betrieben und weitergegeben wurden. Die moderne „TCM“ ist mehr ein notdürftiger Versuch, ein in sich schlüssiges medizinisches System zu erschaffen, dessen Erlernen „schnell“ möglich sein sollte.

Denn während der Kulturrevolution wurden besonders Intellektuelle, darunter insbesondere Ärzte, Feng Shui-Meister, Astrologen, Schriftsteller und andere Gelehrte durch die „Roten Garden“ verhaftet und häufig ermordet. Der entstandene Mangel an praktizierenden Ärzten ließ die medizinische Versorgung einbrechen. Um dieses Problem zu beseitigen, wurden alle bekannten Praktiken zusammengefasst, von allen „religiösen oder mystischen Elementen“ befreit und als neue „Chinesische Medizin“, die heute bekannte „TCM“, verbreitet.

Dieses System ist bei weitem nicht so tiefgründig und umfassend wie die ursprünglichen Lehr-Richtungen, aus denen es hervorging. Ganz im Sinne des Maoismus bewirkte es eine starke Vereinfachung und Vereinheitlichung, ähnlich wie sie in der chinesischen Schrift und Sprache erfolgte.

Jedoch wurden in diesem Zuge viele tiefgründige Zusammenhänge und daraus resultierende Erkenntnisse verdrängt, bzw. bewusst ausgelöscht. Die alten Weisheiten der Generationen von Spezialisten und Meistern gerieten fast vollends in Vergessenheit, wodurch die optimale, umfassende Behandlung leider nur noch in seltenen Fällen gewährleistet ist. Der modernen „TCM“ liegt heute oft eine ähnlich symptomatisch ausgerichtete Vorgehensweise zugrunde, wie der „westlichen Schulmedizin“. Es wird „bekämpft“, statt zu „befrieden“. Tiefgehende Zusammenhänge mit entfernt liegenden Organ-Bereichen werden oft nicht oder unzureichend erkannt.

Innerhalb der letzten Jahrzehnte hat sich dieser Begriff international durchgesetzt und bezeichnet zumeist die moderne, Maoismus-konforme Lehre und nur selten auch eine tatsächlich traditionelle Lehrrichtung. Damit ist das Missverständnis vollständig, dass die moderne „TCM“ („Traditionelle Chinesische Medizin“) tatsächlich traditionell wäre und gleichzusetzen sei mit dem Jahrhunderte alten, über Generationen überlieferten Wissen, das der ursprünglichen Chinesischen Medizin zu Grunde liegt.

Die höchste Stufe unter den ursprünglichen Systemen der Chinesischen Medizin nahm die Chinesische Kaiser-Medizin (CKM – 中国宫廷御用药) ein.

Tatsächlich konnten nur wenige Therapeuten alte Familien-Traditionen bewahren und dadurch den tiefgehenden Zugang zu den immensen Schätzen der ursprünglichen Chinesischen Medizin erhalten. Diese sind allerdings aufgrund der Wirren der Kulturrevolution nur in seltenen Fällen noch in China selbst zu finden. Die meisten flohen vor den „Roten Garden“ ins angrenzende Ausland wie Hong Kong, Taiwan, Süd-Viêt Nam oder Südkorea, aber auch nach Europa und Nord-Amerika.